Langsam zerrinnende Zeit
Während ich diese Zeile schreibe, sitze ich wieder gemütlich in der warmen Stube und erfreue mich den liebgewonnen Kleinigkeiten des Alltags. Hinter hier mir liegen vier Wochen Einsatz für unser geliebtes Vaterland.
Wie so oft verdrängt man den obligaten Wiederholungskurs der Schweizer Armee bis just einen Tag vor Beginn. Was leider wiederum dazu führt, das hastig am Vorabend noch alles gepackt werden muss. Mit vollem Marschgepäck bewege ich mich in den frühen Morgenstunden in Richtung meines Einrückungsortes. Nicht die unbesiedelten Weiten des Jura oder die atemberaubenden Bergen der Graubündner Alpen warten auf mich, sondern die französische Schweiz.
Im Zug krame ich in meinen Hirngewinden mein Français fédéral hervor, um den Röstigraben nicht noch mehr zu vertiefen. Anpassung statt Widerstand, so lautet die Losung und so versuche ich so gut wie möglich den pedantischen Deutschschweizer abzulegen und mich in die "larifari"-Mentalität der Romands einzufühlen. Während am Fenster die Landschaft an einem vorbeizieht, nähere ich mich immer rascher meinen Bestimmungsort Bière, wo ich bald auf die Feuerkraft der Schweizer Artillerie treffen werde.
Dort angekommen verschlägt es einem ab der Trostlosigkeit schier die Sprache und man ist versucht rasch kehrt um zu machen. In der Ferne sieht man bereits die Kaserne und die Söhne von Mutter Helvetia sind leicht an der gedrückten Haltung und dem grünen Tarnanzug zu erkennen. Alle sind aus den verschiedenen Landesteilen angereist und so versammelt sich vor der Kaserne ein illustres Trüpplein, welches für den kommenden Monat eine Schicksalsgemeinschaft bilden wird.
Bereits nach kurzer Zeit ist man wieder drin, im militärischen Gleichschritt und führt die Befehle ohne Murren aus. Insofern ist es immer wieder schön, wenn einem das Denken abgenommen wird und man nur folgen muss. Natürlich fordert auch Corona seinen Tribut ein und so gehört das Tragen von Schutzmasken und das regelmässige Händewaschen zum festen Bestandteil des Alltags.
Zusammengepfercht auf engstem Raum, bekundet man allerdings seine liebe Mühe, immer die Distanz zu wahren. Immerhin sind die Masken in Hülle und Fülle vorhanden, Sparsamkeit war noch nie eine Tugend der besten Armee der Welt. Die himmelblaue Farbe der Maske gibt, als zusätzlichen Pluspunkt, immerhin einen guten Kontrast ab, zudem Tarngrün, welches zur Deckung dient. Ein potenzieller Feind müsste dann natürlich farbenblind sein, damit dieses Erscheinungsbild nicht als Zielscheibe dient.
Doch lassen wir den Sarkasmus beiseite und gewähren der Haute Cuisine der Schweizer Armee auch noch einige Zeilen in diesem Blog. Besucht man die verschiedenen sozialen Kanäle der Armee, in welcher Sie die Verpflegung ins Zentrum stellt, wähnt man sich im Schlaraffenland der Kulinarik. Leider sieht die Realität, je nach Qualität des Küchenchefs, für den einfachen Fusssoldaten anders aus. Für diesen WK waren die Schickalsgötter nicht auf meiner Seite und so stand man stets vor der Wahl des qualvollen Herunterschlingen oder des ehrenvollen Verzichtes, was sich nun mit einem etwas geringeren Körpergewicht niederschlägt.
Dennoch kommt ein kleiner Wehmut auf, als ich bereits wieder im Zug nach Hause sitze. Ein bisschen Abstand von den kleinen Nöten und Sorgen des Alltages, tut immer gut. Tief versunken geniesse ich den Sonnenuntergang über dem Lac Léman, schaue den Winzer zu, wie Sie ihre Reben hegen und pflegen und bin dankbar für die Schönheit des Momentes und das der WK wieder vorbei ist.
Bis mich das Surren meines Handy aus meinen Tagtraum reisst, ich auf den Display starre, IMA1 lese und weiss, es steht noch viel Arbeit an.
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